Im Fernseher huschen Bilder vom zerstörten Aleppo über
den Schirm, die Politiker debattieren nach dem Anschlag von Berlin über den
Umgang mit Flüchtlingen, und überall in Europa und der Welt kommen dunkle
Gestalten aus der Versenkung empor, die man längst vergessen glaubte. Über 70
Jahre lebten wir hier in Frieden und Demokratie, aber nun, da die letzten
Zeitzeugen des furchtbaren Grauens des Nazi-Regimes immer weniger werden,
erleben nationalistische und rechte Kräfte nicht nur bei uns in Europa, sondern
weltweit eine Renaissance. Nicht unbedingt der beste Zeitpunkt, in ferne Länder
zu verreisen, schon gar nicht mit einem deutschen Nummernschild auf dem
Motorrad.
Aber dennoch war ich sofort begeistert, als bei der
Südamerika-Motorradgruppe die Idee von einer Reise durch den Iran bis zum Oman
aufkam. Wie sonst kann man sich ein reelles Bild machen als durch persönliche
Anschauung? Die seitenlangen Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes für Iran
haben nur ein Ziel: kein Deutscher soll da je hinfahren, es sei denn aus
geschäftlichen Gründen! Aber wenn man die diversen Reiseforen durchsucht oder
Menschen fragt, die selbst schon im Iran waren, dann ergibt sich ein ganz
anderes Bild. Von großartigen Landschaften wird da geredet, von der
Freundlichkeit der Menschen und deren Gastfreundschaft. Ich möchte mir selbst
ein Bild machen, mein eigenes.
Ende 2015 hatte ich ja noch einmal in Hannover angefangen
zu arbeiten (deshalb gab es auch keine neuen Blogs), und bei meinem jetzigen
Arbeitgeber sind 6 Wochen Urlaub, die ich früher ja öfters zu nehmen pflegte,
eine große Ausnahme. Da einige von uns Oldies immer noch für ihre Rente
arbeiten, wurde gemeinsam beschlossen, wegen der begrenzten Zeit keine Rundreise
zu machen, sondern eine Oneway-Tour nach Dubai, von wo aus die Motorräder per
Container wieder zurückgehen sollten. Ich beantragte die notwendigen 5 Wochen,
und noch vor Weihnachten wurde mein Urlaub tatsächlich genehmigt.
Eine gebuchte Pauschal-Reise findet statt, wenn sich die
Mindestteilnehmeranzahl gefunden hat. Bei einer selbst organisierten Reise
scheint es eher umgekehrt zu sein. Je mehr Teilnehmer dabei sein wollen, desto
mehr muss sich jeder Einzelne dem Gruppenvorhaben unterordnen, und desto unsicherer wird die Realisierung der Reise.
Einigen Mitfahrern war diese Beschneidung ihrer eigenen Wünsche und
Vorstellungen wohl zu viel, und das ganze Vorhaben geriet ins Schlingern. Nach
dem, was ich momentan weiß, fahren 3 Teilnehmer wie vorgesehen, wollen aber die
Andern nicht dabei haben, weil sie in einer zu großen Gruppe keinen Kontakt
mehr zur Bevölkerung bekommen. Einige sagten die Tour daraufhin ganz ab, der
Rest wollte eventuell später fahren, prüft aber noch die Möglichkeiten. Was
tun? Meine Urlaubszeit ist fest eingetütet, da kann ich nichts verschieben. Und
bei jemandem, der mich nicht dabei haben will, möchte ich auch nicht bitten.
Eine Weile geriet Marokko als Alternative in den Fokus, aber dann sagte ich
mir, warum soll ich wegen der Andern von meinem Plan abweichen, ich kann es
auch alleine.
Natürlich wird Klaus Demel nicht für mein Motorrad
alleine einen bezahlbaren Container aus dem Oman nach Deutschland chartern.
Also kein Oman, keine Fähre nach Dubai, und kein Containertransport aus dem
Persischen Golf. Nach einigen Recherchen kristallisierte sich immer mehr eine
Rundreise durch den Iran mit Ziel Tbilisi heraus, von wo aus das Motorrad von West-East-Travel per
LKW-Fracht zurück transportiert werden soll.
Die Hinreise soll mit der Fähre von Venedig nach Igoumenitsa und über
die Türkei in den Iran stattfinden. Kaum hatte ich diese Entscheidung
getroffen, war ich wieder glücklich. Ich brauche so ein Highlight, wenn ich am
Montagmorgen um 4:45 Uhr an der Bushaltestelle stehe, um wieder nach Hannover
zu fahren. Dann ist alles ein wenig freundlicher und besser.
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